05. April 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Marvin Kirchhöfer startet dieses Jahr in sein zweites Jahr als McLaren-Werksfahrer. Wie es dazu kam und wie sein Programm für 2023 ausschaut, oder was seine Ziele für die Zukunft sind, offenbart er in einem Interview.
Nach deiner letzten Saison 2021 bei Callaway Competition im ADAC GT Masters, die nach der Saison auch den Motorsportausstieg verkündet hatten, wurdest du McLaren Werksfahrer.
Wie kam es dazu?
Das Ganze waren mehrere glückliche Umstände in einer nicht einfachen Zeit muss ich gestehen. Da ich aufgrund der Covid-Zeit bereits 2020 eine Saison aussetzen musste. Im Folgejahr war es schon nicht mehr so leicht ein Fahrerplatz zu bekommen. Ich stand jedoch weiter im ständigen Kontakt mit Callaway und da hat sich dann noch sehr kurzfristig die Chance auf eine Rückkehr angeboten. Ohne die 21er-Saison im ADAC GT Masters wäre meine Zukunft im Motorsport noch deutlich schwieriger geworden. Daher entwickelte sich schließlich alles sehr überraschend. Durch einen guten Kontakt muss ich fairerweise sagen, wurde ich an McLaren vermittelt, die mich daraufhin zu Testfahrten nach Brands Hatch eingeladen hatten. Ich konnte die Verantwortlichen vor Ort mit meiner Leistung überzeugen und habe dann im Anschluss einen Werksvertrag über mehrere Jahre erhalten, was mich sehr stolz macht.
Was hat sich als Werksfahrer für dich verändert?
Im Gegensatz zu vorher sitze ich noch mehr im Rennauto. McLaren ist eine im Motorsport, unter anderem durch die Formel1 bekannte Marke, die man nun als Werksfahrer nach Außen vertritt. Man wird intensiver an die Marke McLaren herangeführt, wodurch man sich dann auch noch mehr mit identifiziert. Ich bin in diversen Entwicklungsprozessen für GT4 und GT3 Rennfahrzeuge involviert und das nimmt schon sehr viel Zeit auf der Rennstrecke in Anspruch.
Wie sieht deine Arbeit als Werksfahrer aus?
Als Werksfahrer hast du eine sehr große Verantwortung in der Entwicklung. Man beschäftigt sich noch viel mehr mit dem Fahrzeug und geht viel auf der Rennstrecke testen, um möglichst viel über Veränderungen aus den Entwicklungsprozessen zu erfahren. Dabei geht es nicht nur darum Setups zu verfeinern, sondern es wird auch auf kleine wichtige Details hingearbeitet. Das fängt an bei der Elektronik, Traktionskontrolle, ABS, oder wo soll welcher Knopf mit welcher Funktion am Lenkrad sein, bis hin zu Kinematik und Aerodynamik. Natürlich spielen die Reifen ebenso eine große Rolle, da sie immer wieder neue Eigenschaften in Kombination von neuen Fahrzeugveränderungen mitbringen. Wir versuchen das Fahrzeug für den Kunden so zu gestalten und zu entwickeln, dass sich jeder Fahrer im Grenzbereich wohl fühlt. Wir unterstützen die Kunden dabei, dass sie schnell mit den Erneuerungen zurechtkommen. Nicht alles was für einen Profirennfahrer klar erscheint, ist für Gentleman-/Amateurfahrer auf Anhieb verständlich.
Warum hat man 2022 weniger von dir gesehen?
Ich denke das hängt damit zusammen, dass ich im letzten Jahr, abgesehen von zwei Rennen in Hockenheim und Nürburgring, mit der GT World Challenge und der britischen GT-Serie mehr auf internationalen Boden unterwegs war. Über diese Serien wird leider aktuell zu wenig in den Medien berichtet oder auf frei empfangbaren TV-Sendern übertragen. Vielleicht ändert sich das ja noch.
Was steht für dich in diesem Jahr auf dem Programm?
Mein Programm hat im Januar bereits mit dem 24 Stundenrennen in Daytona begonnen, wo wir mit einem dritten Platz ein super Ergebnis eingefahren haben und im Februar dann mit der Asien Le Mans Series, wo es leider nicht so lief wie wir uns erhofft hatten. Am kommenden Wochenende starte ich zusammen mit Alexander West #88 in der British GT Championship im Oulton Park und am 21.April geht es dann wieder in der GT World Challenge Europe Endurance in Monza los. Dort werde ich dann zusammen mit Benjamin Goehte Nicolai Kjaergaard #159 an den Start gehen. In beiden Serien werde ich die volle Saison bestreiten.
In den Jahren zuvor hattest du mehr Rennen in Deutschland. Dieses Jahr auch nur eins auf dem Nürburgring. Planst du was für deine Freunde und Partner aus Deutschland?
Das ist leider richtig. Wie bereits erwähnt liegt mein Aufgabenbereich in internationalen Serien. Ich muss sagen, dass im vergangenen Jahr viele Freunde und Partner auch bei vereinzelten Rennen zu Gast waren, worüber ich mich immer sehr freue. Zum Beispiel in Spa beim 24 Stundenrennen, was ja immer ein richtiges Spektakel ist, kamen mich viele vor Ort unterstützen. Auch in Barcelona, wo das Wetter auch Ende September Anfang Oktober noch immer sehr gut ist, wollen einige kommen. Bei meinem einzigen Deutschlandrennen auf dem Nürburgring dieses Jahr ist noch nichts konkret geplant. Aber vielleicht überlegen wir uns da noch was.
Was sind deine Ziele dieses Jahr?
Wir haben in beiden Serien sehr gute Fahrerpaarungen. Natürlich willst du bei jedem Rennen so erfolgreich sie wie es geht und am liebsten auch Gewinnen, doch da spielen so viele Faktoren eine Rolle. Zunächst müssen wir schauen wie der neue McLaren 720S GT3 EVO BoP-technisch eingestuft wird und das Quäntchen Glück brauchst bei den Langstreckenrennen auch immer auf deiner Seite. Ein Highlight wird dieses Jahr noch das 24 Stundenrennen von Spa sein. Dort sollen aktuell 72 GT3-Fahrzeuge an den Start gehen. Wenn wir dort gut durchkommen und am Ende ein Platz auf dem Podium erreichen, können wir sehr zufrieden sein.
Was kannst du uns zu deinem McLaren sagen?
Der neue McLaren 720S GT3 EVO hat einen 4 Liter Biturbo V8 Mittelmotor, der je nach BoP eine Leistung von 500 bis 520 PS herausbringt. Das Auto besitzt ein komplettes Carbon-Monocoque mit einem zusätzlichen Stahl- Sicherheitskäfig, was das Auto sehr steif macht. Für mich persönlich, ist es so sehr angenehm zu fahren und gibt mir ein direktes Feedback. Wir haben für den Evo einige Änderung an der Aerodynamik vorgenommen. Auch an der Elektronik, Traktionskontrolle und ABS, sowie an der Kinetik haben wir ein paar Updates gemacht.
Das Auto fühlt sich aktuell auch schon sehr gut an, jedoch sind wir vom Setup her noch nicht da, wo wir sein wollen. Die Reifen ändern sich leider auch jedes Jahr. Das heißt, ein Auto was wir im vergangenen Jahr auf ein gewissen Reifensatz entwickelt haben, kann sich einmal wieder komplett drehen und man muss sich wieder auf den neuen Reifen, der für Alle zur Verfügung gestellt wird, neu orientieren. Deswegen heißt es für uns grundsätzlich, permanent an dem Thema weiter dran zu arbeiten. Ansonsten hoffe ich, dass er dieses Jahr sehr schnell und erfolgreich sein wird.
Ist die DTM auch ein Ziel für dich?
Ich denke für viele Fahrer ist die DTM immer ein Ziel und ich würde lügen, wenn es bei mir nicht so wäre. Es gibt einige lose Gespräche von verschiedenen Seiten, von denen ich weiß. Es ist allerdings noch zu früh, um hier etwas konkretes anzusprechen. Ich würde mich freuen, wenn ich mit der Marke McLaren in naher Zukunft in der DTM an den Start gehen könnte.
Text: Motorsport-Karriere.de
Foto: Garage59 – Michele Scudiero